Nahaufnahme eines mit Tautropfen bedeckten Blattes im Morgenlicht – ein Symbol für Achtsamkeit, Naturverbundenheit und bewusste Morgenroutinen im Alltag.

Wir lesen oft, dass Routinen der Schlüssel zu einem erfüllten, produktiven Leben sind. Früh aufstehen, meditieren, Sport treiben, kalt duschen – und schon scheint alles in Balance. Doch während ich mich in den letzten Wochen intensiver mit dem Thema beschäftigt habe, fiel mir auf: Viele Zitate und Texte über Routinen klingen erstaunlich negativ.

Von „Routine ist der Tod der Leidenschaft“ bis „Nur wer ausbricht, lebt wirklich“ – solche Sätze haben mich zum Nachdenken gebracht. Warum werden Routinen oft als etwas Starres, Einschränkendes gesehen? Und wie passt das zu meiner eigenen Erfahrung, in der sie mir gerade so guttun?

Gute vs. schlechte Routinen

Routinen sind im Kern nichts anderes als automatisierte Handlungen. Unser Gehirn liebt sie, weil sie Energie sparen: Einmal gelernt, laufen sie wie auf Autopilot. Das kann eine enorme Entlastung sein – oder eine subtile Falle.

Gute Routinen geben uns Struktur, Sicherheit und Stabilität. Sie unterstützen uns in dem, was wir wirklich wollen – sei es Gesundheit, Gelassenheit oder kreative Energie. Beispiele:

  • Morgens in Ruhe einen Tee trinken, bevor das Handy in die Hand kommt
  • Jeden Tag ein paar Minuten Bewegung oder frische Luft
  • Abends dankbar auf den Tag zurückblicken

Schlechte Routinen hingegen schleichen sich oft unbemerkt ein. Sie fühlen sich bequem an, halten uns aber klein oder erschöpfen uns. Beispiele:

  • Nach dem Aufwachen direkt durch Social Media scrollen
  • Immer „Ja“ sagen, um niemanden zu enttäuschen
  • Gedankenmuster wie „Ich schaff das sowieso nicht“
  • Abends gedankenlos Serien schauen, statt bewusst zu entspannen

Das Entscheidende ist also nicht ob wir Routinen haben – sondern welche.

Warum wir an negativen Routinen festhalten

Aus neurobiologischer Sicht sind Gewohnheiten gespeicherte Reiz-Reaktions-Muster im Gehirn. Sie entstehen durch Wiederholung – und sie sind stark mit Belohnungssystemen verknüpft. Selbst destruktive Routinen geben uns kurzfristig ein gutes Gefühl: Ablenkung, Sicherheit, Kontrolle.

Spirituell betrachtet steckt oft ein Bedürfnis dahinter, das wir übersehen haben. Vielleicht will die Routine uns etwas zeigen: den Wunsch nach Ruhe, nach Anerkennung oder einfach nach Leichtigkeit. Wenn wir sie verstehen, statt nur „wegmachen“ zu wollen, öffnet sich Raum für Veränderung.

Wie man negative Routinen erkennt und auflöst

Der erste Schritt ist immer Bewusstsein. Viele Gewohnheiten laufen so automatisch ab, dass wir sie kaum bemerken.

💭 1. Beobachte dich selbst:
Achte ein paar Tage bewusst auf wiederkehrende Muster. Wann greifst du automatisch zum Handy? Wann isst du, obwohl du gar keinen Hunger hast? Wann sagst du „Ja“, obwohl du innerlich „Nein“ meinst?

🧭 2. Frage dich nach dem Warum:
Was gibt mir diese Routine? Sicherheit? Ablenkung? Trost? Wenn du das Bedürfnis erkennst, kannst du neue Wege finden, es auf gesündere Weise zu erfüllen.

🌱 3. Ersetze, statt zu verbieten:
Das Gehirn lässt sich nur schwer umprogrammieren, wenn man einfach „aufhören“ will. Leichter ist es, eine alte Routine durch eine neue zu ersetzen. Statt Social Media am Morgen: ein paar tiefe Atemzüge oder Musik hören. Statt Serien am Abend: ein Spaziergang oder Tagebuchschreiben.

4. Kleine Schritte und Geduld:
Routinen ändern sich nicht über Nacht. Sei sanft mit dir – jede bewusste Entscheidung ist ein Schritt. Auch Rückfälle gehören dazu.

Ein Balanceakt zwischen Struktur und Freiheit

Für mich liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen: Routinen sind weder gut noch schlecht – sie sind Werkzeuge. Sie können uns stabilisieren oder einschränken, nähren oder lähmen. Es kommt darauf an, ob sie uns bewusst dienen oder unbewusst lenken.

Vielleicht geht es am Ende gar nicht darum, Routinen perfekt zu gestalten. Sondern darum, wach zu bleiben – im Tun wie im Lassen. Und immer wieder zu prüfen, ob das, was wir täglich tun, noch zu dem Menschen passt, der wir gerade werden.

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