Ich bin losgezogen. Der Rucksack voll. Voller Erwartungen voller Neugier, voller Spannung. Ich habe Zuhause alles Materielle hinter mir gelassen. Mein Job gekündigt, was mir nicht einfach gefallen ist. Meine Wohnung aufgelöst. Viele Dinge verkauft. Alles losgelassen um meinen Traum vom Europäischen Fernwanderweg E1 zu Leben. Was war mein Ziel. Ich merke das mein Ziel war viel von Skandinavien zu sehen. Im Kopf das Zitat «Nur wo du zu Fuss warst warst du wirklich».
Soweit mich meine Füsse tragen
Bereits vor meiner Abreise war mir klar das ich Sizilien nicht erreiche. Ich habe gesagt ich gehe solang meine Füsse mich tragen. Leider habe ich in meiner Euphorie aber öfters erzählt das ich den kompletten Europäischen Fernwanderweg machen möchte. Leider? Nein eigentlich ist auch das gut so wie es ist. Denn dadurch habe ich viel gelernt. Gelernt das es besser ist Pläne nicht zu sehr an der Öffentlichkeit zu teilen.
Viele Höhen und Tiefen gab es unterwegs. Mehr als ich erwartet habe. Es sind Dinge eingetroffen die den normalen Verlauf des Lebens sind. Ich wusste es das es passieren kann und trotzdem ging ich los mit der Hoffnung das alle bei meiner Rückreise noch gleich ist.
Viele tolle Begegnungen unterwegs
Ich durfte wahnsinnig viele tolle Menschen kennenlernen. Hatte tolle Begegnungen und Menschen getroffen die mich geprägt haben. Ich bin an meine Grenzen gestossen und habe meinen Komfortbereich verlassen. Mein Ziel viel von Skandinavien zu sehen habe ich erreicht, unglaublich viele schöne Orte habe ich gesehen. Ich bin an Orten gewesen die ich nicht auf dem Plan hatte. Habe aber auch viele Orte gesehen die ich bereits von meinem InterRail Trip her kenne. Trotzdem gibt es weiterhin viele Gegenden in Skandinavien die ich gerne noch erkunden möchte. Vor allem auch das Fjell. Ich freue mich darauf.
Einsamkeit
Ich habe die völlige Abgeschiedenheit kennengelernt um mich herum nichts als Kilometerlange Natur und Wildnis. Ich durfte lernen was vollkommene Stille heisst. Auch gelernt habe ich aber eine völlig neue Angst. Die Angst vor der Einsamkeit, die Kraft der Natur und das ein Leben nicht nach Plan verläuft. Zu lernen das ich nicht alles lenken kann, das es Dinge gibt auf die ich keinen Einfluss haben kann.
Ich habe 5 Monate fast nie TV geschaut und keine Zeitung gelesen. Ich war mehr Online als erwartet und doch habe ich auch Offline Zeit genossen.
Willkommen im Alltag
Das nach Hause kommen war nicht einfach. Ich habe mir nie darüber Gedanken gemacht wie es sein könnte. Ich hatte keine Erwartungen wie es sein sollte oder sein könnte. Obwohl ich schon Ende August wusste das ich Anfang Oktober wieder in der Schweiz bin hat mich die Ankunft Zuhause ziemlich kalt und völlig unvorbereitet getroffen. Die Reise hat mich verändert aber der Alltag hier war genau gleich.
Das erste was mich übrigens völlig verstört hat war das die Zebrastreifen in der Schweiz Gelb sind. Obwohl ich dies über 30 Jahre ja eigentlich kenne musste ich tatsächlich meine Mama fragen ob das immer so war. Komisch da lebt man solange in einem Land und nach fast einem halben Jahr kommen einem einige Dinge plötzlich völlig unwirklich und komisch vor.
Ich wohnte vorübergehend bei meinen Eltern und so bekam ich Ihre Alltagsroutine mit und wurde schnell wieder in diese «gezwängt», so hat es sich zumindest angefühlt. Natürlich bin ich dafür selber verantwortlich. Trotzdem war es mir in dieser ersten Zeit nicht möglich die Kraft aufzubringen um dagegen anzugehen. Die Welt dreht sich weiter, genau gleich wie vor meiner Abreise. Ich hatte das Gefühl alles geht mir zu schnell. Es gab Tage da hätte ich am Liebsten Laut STOP ! in die Welt hinausgerufen. Aber auch das hätte nichts geändert. Denn die Welt dreht sich dennoch weiter, egal ob ich dazu bereit bin oder nicht.
Ankommen, ob ich will oder nicht
Ich hatte grosse Mühe mich wieder einzuleben. Teilweise habe ich auch nach fast einem Jahr immer noch das Gefühl das ich nicht angekommen bin. Einiges versuche ich bewusst immer wieder aufleben zu lassen. Weil es mir guttut und für mich wichtig ist. Der tägliche TV Konsum gehört da noch nicht dazu. Leider gehört dieser wieder zu meinem Alltag. Allerdings jetzt im Sommer deutlich weniger als früher. Ich geniesse meinen neuen Wohnort sehr, der mir die Möglichkeit gibt schnell in der Natur zu sein. Abende an der Aare gehören so schon fast zur Routine.
Seit meiner Rückkehr habe ich auch öfters das Gefühl das ich gerne etwas bewegen möchte. Hier sind viele Gedanken im Kopf und nicht alle kann ich umsetzen. Einerseits weil die Zeit und auch die finanziellen Möglichkeiten fehlen. Einiges bin ich nach und nach daran wie meine Plogging Events. Auch diese nehmen aber viel Planung in Anspruch und leider kann ich Sie noch nicht so oft umsetzen wie ich selber gehofft habe.
Die Schwedische Gelassenheit
Was ich aber mitnehmen konnte ist die schwedische Gelassenheit. Nicht immer kann ich diese mitnehmen aber ich versuche es immer wieder. Ich merke das ich selber ruhiger geworden bin und einige Dinge gelassener angehen kann. Ich bin ein sehr impulsiver Mensch aber die Zeit im Norden hat mir in dieser Hinsicht gutgetan. Es gibt noch Momente da klappt es nicht wie gewünscht aber das kann ich inzwischen akzeptieen.
Es war gut das ich im Oktober nicht gearbeitet habe. Obwohl ich meine übrigen Ersparnisse nicht aufbrauchen wollte für hier in der Schweiz brauchte ich diesen Monat um mich wieder so einzuleben das ich mich an den nächsten Schritt wagen konnte. Den Arbeitsalltag.
Ich habe mich für einige Stellen beworben ohne eigentlich genau zu wissen was ich will und wohin ich will. Will ich eine Festanstellung und mich wieder binden oder will ich nur eine temporäre Stelle und wieder los zu können wann immer ich will.
Neuer Job, neue Wohnung
Das Leben nahm mir die Entscheidung sozusagen ab so, dass ich ein Jobangebot bekam auf eine Stelle die ich mich gar nicht beworben habe. Ein Interessanter Job auch nach über 11 Monaten. So dass ich mich in der nächsten Zeit mit 5 Wochen Urlaub zufriedengebe und meine Freizeit einfach sehr gut ausnützen will für meine weiteren Aktivitäten.
Ich möchte weiterhin auf dem Europäischen Fernwanderweg Unterwegs sein. In Etappen und Stück für Stück. Vielleicht auch mal wieder länger aber wohl eher nicht alleine. 2019 stand aber auch mal wieder eine Reise in den Süden an. Eine Woche in Cinque Terre war ein tolles Erlebnis und ich durfte das Angebot vom Agrotouismo kennen und lieben lernen.
Gerade in den letzten Monaten war ich viel unterwegs und der Blog blieb ein bisschen ruhiger. Den Europäischen Fernwanderweg ist noch im Kopf. Auch wenn es 2019 zumindest keine längeren Etappen geben wird. Ich bin selber gespannt wann meine Füsse wieder den Boden des Europäischen Fernwanderweges berühren.
Ich bin wieder angekommen aber in meinem Herzen werde ich immer an meine Auszeit denken.