Mückenplage
Nachdem ich nun überall am Körper zerstochen bin, beschliesse ich im nächsten Kaff ein Bed and Breakfast zu nehmen. Dies mit der Hoffnung, dass mir die Gastgeber sagen können wie ich zum nächsten Einkaufszentrum gelange. Ich schreibe kurz eine SMS und bekomme ziemlich schnell eine Antwort. Es ist heute Abend noch ein Zimmer frei; sie werden aber erst später zuhause sein. Kein Problem für mich ich kann gut draussen etwas warten oder noch gemütlicher weiterlaufen. Zudem sagt Morgan mir, dass ich Mückespray gleich bei ihnen kaufen kann. Supi denn es gibt keinen Bus in dieser Gegend. Ein Problem ist gelöst. Ich bin heute weniger Kilometer weit gekommen, als es im Norden der Fall war. Wahrscheinlich darf ich das hier kaum schreiben. Aber ich bin ja immer sehr offen und ehrlich. Ich habe heute etwas weniger als 14 Kilometer gemacht. Ob es an den Höhenmeter liegt (nicht viel mit ca.500 aber halt mehr als an der Küste im Norden), an der Hitze oder an beidem weiss ich nicht. Ich weiss, dass ich weniger trainiert und mit mehr Übergewicht auf den Trail gestartet bin, als ich gehofft habe. Ich versuche immer wie mehr diese Tatsache zu akzeptieren und auch auf meinen Körper zu hören. Ich verlasse meine Komfortzone, aber in meinen Augen auch in einem gesunden Mass. Ich kenne von mir auch das Gegenteil, dass ich es übertreiben kann. Ich weiss, dass ich noch mehrere Tage unterwegs sein möchte. Lieber jetzt noch gemütlich nehmen und nach und nach steigern.
Ich lese auch öfters Berichte von anderen Fernwanderungen und bin ziemlich schockiert gelesen zu haben, dass es auf den Pilgerwegen gang und gäbe ist täglich Schmerzmedikamente zu schlucken. Lieber laufe ich weniger Kilometer, als ein Trail nur mit täglich Medikamenteinahme zu schaffen.
Brechen der Fernwander- Gesetze
Ich merke, dass ich viele der ungeschriebene «Fernwanderer-Gesetze» breche, was mir aber auch immer wie mehr egal wird.
Ich bekomme öfters Nachrichten, dass sich jemand auch so eine Tour wünscht, aber denkt dies sei für ihn nicht machbar. Ich finde es schade, dass von einigen erfahrenen Fernwanderer Aussage kommen wie «Man macht 30 Kilometer pro Tag im Schnitt» oder «Man macht ein Ruhetag pro Woche» nur wer hat das so beschlossen? So aber nun genug davon und zurück zu meiner Tour.
Gällarpesjön – Grimmared
Technisch war auch heute die Wanderung für mich eher streng bis mittel, aber nicht leicht. Die Landschaft hat aber mal wieder für alles entschädigt. Wer gerne durch Wälder läuft, kommt auf den Etappen von Varlberg bis Grimmared definitiv auf seine Kosten. Man befindet sich trotzdem nicht völlig abseits. Man trifft wie aus dem Nichts plötzlich auf ein oder mehrere Häuser, mitten im Wald. Mir ging auf dieser Etappe mal wieder mein Wasser aus. Zum Glück aber erst ein Kilometer vor dem Bed and Breakfast.
Morgen geht es dann weiter. Dies mit dem Versuch die heute nicht gemachten Kilometer nachzuholen. Vielleicht klappt es und sonst ist es auch kein Drama. Ich werde ein Platz für mein Zelt finden oder bei diesem Wetter kann ich auch ein Biwak machen.
Im Schlaraffenland
Als ich am Morgen das Frühstück serviert bekomme fühle ich mich wie im Schlaraffenland. Ich versuche Morgan und Helen mitzuteilen, dass es viel zu viel ist, sie meint jedoch nur ich müsse viel Essen für meine Tour und solle mir noch was zum Mittagessen einpacken. Aber auch mit dem Mittagessen ist es noch wahnsinnig viel.
Das B&B von Gardakrik kann ich von Herzen weiterempfehlen. Es sind wahnsinnig tolle Gastgeber.
Grimmared – Stora Horredssjön
Wieder etwas später als geplant geht es nun weiter. Ich sollte eigentlich in der Nähe des Etappenziels von Gestern sein. Aber nach 3h wandern habe ich dieses immer noch nicht erreicht. Ich überlege mir kurz diese Nacht dort zu verbringen. Dann könnte ich einen halben Ruhetag einlegen.
Als ich den Rastplatz Drangustan dann endlich erreiche, verwerfe ich diesen Gedanken gleich wieder. Es ist halb drei Uhr und was soll ich solange hier alleine im Wald machen. Lieber heute noch etwas laufen und dafür irgendwann einen ganzen Ruhetag einlegen. Ich verpasse mir selber einen Tritt in den Allerwertesten und lasse Dranstugan links bzw. Rechts liegen.
Durch die Industriezone
Wenige hundert Meter weiter erreiche ich ein kleinen Hof. Da gerade jemand anwesend ist, kann ich meine Wasservorräte auffüllen.
Durch einen weniger schöne Abschnitt geht es für einen Kilometer über die Hauptstrasse und Industriezone. Da ich meine Mittagspause nicht hier verbringen möchte, laufe ich weiter. So wird schliesslich aus dem geplanten Mittagspause ein ausgiebiges Zvieri.
Nach meiner Pause erreiche ich eine Stelle wo es ziemlich happig in die Höhe geht. Auf den Fotos kommt es nicht zur Geltung aber ohne Wanderstöcke hätte ich es glaubs nicht geschafft.
Kaum denke ich mir :»Es reicht ich kann nicht mehr» erreiche ich eine Forststrasse, die nur eine minime Steigung hat. Fast als hätte der Trail plötzlich Mitleid mit mir gehabt. Mir geht das Laufen von nun an ziemlich gut. Wie aus dem nichts habe ich plötzlich Energie und eine riesen Portion Motivation. Fast von selbst laufen meine Füsse während meine Augen immer nach den roten Markierungen Ausschau halten. Ich verlaufe mich einmal kurz, werde dafür aber mit einer tollen Aussicht belohnt. Eigentlich ein toller Biwak Platz aber wenn es mir gerade so gut läuft möchte ich das noch 1-2 h ausnützen.
Es wird im Wald auch von den Temperaturen sehr angenehm.
Ich erreiche tatsächlich noch den See Stora Horredsjön. Dieser Platz scheint sehr beliebt zu sein. Es ist bereits 21 Uhr und so beschliesse ich trotz den Badegäste hier mein Lager aufzuschlagen. Ich warte mit dem Biwak Aufbau jedoch bis die Meisten verschwunden sind. Einige haben mich noch gesehen, aber das ist inzwischen nichts Neues mehr. Ich versuche normalerweise mein Lager so aufzuschlagen, dass mich niemand gross sieht. Die Zeit bis sich die anderen Seebesucher verzogen habe, nutze ich für eine Abkühlung im See. Mein erstes Bad und hoffentlich nicht mein letztes. Nach einer Wanderung gibt es doch fast nichts besseres.
Planung der nächsten Tagen
Ich studiere noch etwas an den kommenden Tagen. Morgen liegt auf dem Weg ein Hostel. Die nächsten Tage sind dann in der Nähe keine Unterkünfte mehr zu sehen. Ich beschliesse übermorgen meinen Ruhetag einzuplanen. Ich denke 9 Tage am Stück wandern wären für mich gerade etwas zuviel. Ich buche noch schnell die Unterkunft und verkriechen mich dann im Biwak.
Dieser hat zum Glück ein Mückennetz. Einige Mücken scheinen aber ein kleines Leck im Netz gefunden zu haben und kuscheln sich mit mir in den Schlafsack, so dass ich wieder zur unfreiwilligen Blutspenderin werde. Ich liege zudem nahe an einer Strasse und kann deswegen leider kaum schlafen.
Sylvie 17. Juni 2018
Wunderschöne Bilder! Um die Mücken beneidet dich keiner! Nützt das gekaufte Mittel wenigstens ein wenig?