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Storslett- Rotsund

Ich habe in der Nacht schlecht geschlafen und erwache am Morgen sehr spät. So wird es 11 Uhr bis ich auschecke und mich auf den Weg mache. Es regnet und mein Poncho kommt zum ersten mal zum Einsatz. Ich stehe am Strassenrand und versuche den Poncho irgendwie so anzuziehen das auch mein Rucksack vom Regen geschützt ist. Gar nicht so einfach. Ich gebe wohl ein lustiges Bild ab, einige Autofahrer drehen sich zumindest nach mir um. Gemütlich geht’s dann los Richtung Rotsund. Der Weg führt mich wieder ausserhalb des Tunnels durch. Diese Strasse scheinen die Norweger nicht zu nutzen, ich laufe über 2 h durch die Gegend ohne auch nur einer Menschenseele zu begegnen. Es regnet zum Glück nur leicht aber es windet ziemlich fest.

Angriff von hinten

Ich laufe vor mich hin als mich plötzlich jemand am Bein packt. Aus Reflex drehe ich mich um und schlage fast mit meinen Wanderstöcken zu als ich einen Hund hinter mir stehen sehe. Der gute hat mich aber zum Glück nur am Hosenstoff erwischt. Weit und breit sehe ich aber kein Herrchen. Er verschwindet so schnell wie er da stand und ich gehe weiter. Er taucht aber noch einige male auf. (Der gute rennt auch ohne nichts über die Straße und um mich herum. Mein «gang heim» versteht er aber natürlich nicht.) Irgendwann scheint er aber dann den Heimweg doch zu finden.

Es windet inzwischen immer wie mehr und ich sehe auf der Wetterapp dass es in der Nacht doch recht stürmisch wird. Da ich heute noch keine Pause gemacht habe, beschliesse ich diese nachzuholen als ich ein Bushaltestelle sehe. Ich bin heute nicht so weit gekommen was aber auch egal ist.

Eine weitere Indoor Nacht

Beim weitergehen überlege ich mir wo ich mein Zelt am besten aufstelle als ich bei einem Guesthouse vorbeilaufe. Eine Dame hat anscheinend Mitleid mit mir und meint das sie mir ein gutes Angebot machen könnte. Keine gratis Übernachtung aber sicher günstig. Sie spricht jedoch nur schlecht Englisch und ich dachte es sei die Besitzerin. Irgendwann begreife ich das Sie selber auch nur ein Gast ist. Sie lässt mich in den Aufenthaltsraum um dort auf den Besitzer zu warten. Das Guesthouse scheint aber auch ziemlich ausgestorben zu sein. Ich verbringe den Abend mit lesen und warte auf den Besitzer. Um 20 Uhr beschliesse ich diesen anzurufen aber die Telefonnummer ist falsch. Ich hoffe nur das ich wirklich hier Übernachten kann den jetzt noch weiter zu laufen würde mir gerade nicht wirklich zusagen. Ich erreiche dann telefonisch die Kollegin des anderes Gastes. Sie meint am Telefon nur wen ich etwas bezahle könne ich schon bleiben. Wirkt aber eher nicht so begeistert. Ich erkundige mich nach dem Preis welchen sie aber nicht kennt. Eine Stunde später, gerade als ich mich vor lauter Hunger überwinde ganz frech den Wasserkocher zu benützen, erscheint der Besitzer. Der Preis liegt sogar im meinem Budget und so verbringe ich die Nacht im sicheren Haus. Die Waschmaschine wird auch gleich genutzt. Kaum bin ich im Bett klopft es an meiner Türe. Einige Männer kommen Möbel abholen. Nun gut ich stehe nochmals auf und lasse ein Teil meines Zimmer ausräumen.

Im Guesthouse scheine ich dann wieder alleine zu sein. Im oberen Stockwerk steht eine Zimmertüre offen. Der Laptop und eine Fotoausrüstung liegen herum. Die Norweger scheinen sehr Vertrauen zu haben. Nachdem ich etwas gelesen habe schlafe ich bald ein. Es wird eine sehr erholsame Nacht.

Auch die beste Wetterapp lügt mal

Am nächsten Tag soll das Wetter besser werden. Der Blick nach draussen sagt aber etwas anderes. Nun gut die Regenmontur wird nochmals montiert. Meine Motivation ist gerade ziemlich im Keller. Seit 5 Tage ist das Wetter nun regnerisch. Aber mir ist auch klar, dass ich nicht jammern darf. Schliesslich wusste ich was mich erwartet.

Der Rucksack fühlt sich inzwischen ziemlich leichter an. Ob es wirklich am Essen liegt, dass ich langsam reduziert oder ob ich mich daran gewöhnt habe kann ich nicht beurteilen.

Nach einer Stunde hört es auf zu regnen und ich kann zumindest meinen Poncho wieder verstauen. Es bleibt aber bedeckt und sehr windig. Statt des Ponchos ziehe ich deshalb den wärmeren Pullover an.
Langsam merke ich das nach wenigen Stunden wandern meine Motivation kommt. Ich lese aktuell gerade das Buch von Hapre Kerkeling und bemerke erstaunlich viele Parallelen.

Morgens habe ich Startschwierigkeiten, jeden Morgen muss ich mich ziemlich motivieren. Bereits zuhause war ich kein Morgenmensch, das scheint sich in meiner Auszeit nicht zu verändern. Nach und nach versuche ich zu akzeptieren das dies zu mir gehört und ich auch nicht morgens früh starten muss. Um den Mittag herum wandere ich voller Motivation Zuversicht und Begeisterung. Ich bin in dieser Phase so mit mir im reinen wie nie. Ich geniesse die Landschaft das Wandern und das mich meine eigene Füsse von A nach B bringen. Abends bin ich dann müde und erschöpft aber auch zufrieden.

Obwohl ich von den letzten Etappen welche über 25 Kilometer sind weiss, dass dies für mich eher zuviel ist, gehe ich auch heute wieder 27 Kilometer. Vieleicht wird es mir beim 3 Versuch eine Lehre sein. Mein Körper weiss das er noch (?) nicht in der Lage ist diese Leistung zu erbringen. Mein Kopf will es aber anscheinend noch nicht wahrhaben. Wegen den paar Kilometer, dass sollte doch keinen grossen Unterschied machen.

Es grünt…

Die Landschaften um mich herum verändern sich heute schlagartig. Es wird plötzlich viel Grüner und am späteren Nachmittag scheint auch wieder die Sonne. Ich mache einige Pausen und geniesse die Aussicht über die Fjorde.

Abends will ich mein Zelt aufstellen, als mir eine Übernachtung in einem kleinen Raum angeboten wird. Dieses Airbnb kostet gerade mal 14.- pro Übernachtung. Man hat ein eigenes, einfaches Zimmer und eine gemeinsame Küche mit Wc und Bad.
Gerne nehme ich das Angebot an, auch weil Olderdalen doch eine kleine Stadt ist und es im Zelt eher laut werden könnte.

Ich bin von der heutigen Etappe fix und foxy so das ich es noch knapp unter die Dusche schaffe bevor ich ohne Abendessen ins Bett falle.
Wie in den letzten Nächten auch Träume ich ziemlich intensiv. Auch wieder eine parallele zu Harpe. Ob das intensive Träumen auf einer Fernwanderung/ Pilgerreise dazugehört. Durch das alleine unterwegs sein denkt man wahrscheinlich intensiver über sich nach, verarbeitet ältere Geschichten nochmals.

Vielleicht lesen hier noch andere Fernwanderer mit. Mich würde sehr interessieren ob es anderen auch so ging.

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6 Kommentare

  1. Rainer 31. Mai 2018

    HI.

    Zu deiner Frage mit der Träumerei. Das ist bei mir nicht so. Ich schlafe durch und kann mich zumindest an keine Träume erinnern.

    Wenn ich deine tollen Bilder sehe, denke ich immer, wir sollten aus dem Wetter einen Durchschnitt bilden. Meinen fast 30 Grad umd deine kühlen Temperaturen zusammengezählt und durch zwei geteilt. Dann hätten wir es beide besser.

    Liebe Grüße von Rainer, unterwegs auf dem E1 im Sauerland

    • Sabrina 4. Juni 2018 — Autor der Seiten

      Hej Hej

      Im Süden von Schweden ist es auch über 30 Grad. War in den letzten Tagen schon happig bei diesen Temperaturen. Aber ich gehe in meinem Tempo.

      Liebe Grüsse
      Sabrina

  2. Sylvie 1. Juni 2018

    Liebe Sabs
    Ich lese total gerne mit und geniesse deine Geschichten! Bitte fleissig weiterschreiben.
    Nein, ich träumte kaum. Mein Schlaf wurde einfach jede Nacht mehrmals von Schnarchern unterbrochen, doch die band ich dann in eine Geschichte ein und konnte so bald wieder weiterschlafen.

    Häbs guet u ä liebe Gruess us Bärn
    Sylvie, die sich auf die nächste Fernwanderung freut (dauert leider noch laange!)

    • Sabrina 4. Juni 2018 — Autor der Seiten

      Hoi Sylvie

      Ich werde sehr gerne weiterschreiben da es für mich selber auch ganz eine tolle Sache ist. Ich denke zudem das ich selber meine Berichte irgendwann gespannt lesen kann.

      Liebe Grüsse
      Sabrina

  3. Manuel 1. Juni 2018

    Danke für deine Berichte. Sehr spannend. Bei deiner Planung gab es überhaupt kein Teil zu deiner Packliste. Das würde mich aber sehr interessieren wie man so eine Packlisre für solch einen Weg plant.

    • Sabrina 3. Juni 2018 — Autor der Seiten

      Ich war nie so Fan von Packliste. Habe aber auf meiner Facebookseite dann doch eine erstellt. Packlisten geben halt immer viel zu Diskutieren. 🙂

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